Tollwut
Neue gesetzliche Bestimmungen zur Tollwutschutzimpfung
von Dres. Marita & Frank Langewische
Man kann wahrlich behaupten, dass 2006 das Jahr der Tierseuchen ist. Nach der Geflügelpest im Frühjahr und dem Schweinepestzug von März bis Mai in Nordrhein-Westfalen machte erstmalig eine exotische Tierseuche in Deutschland von sich reden - die Blauzungenerkrankung. Nun waren neben den Geflügel- und Vogelpopulationen die Schweine und schließlich auch die Wiederkäuer (hier insbesondere Rind und Schaf) in den Fokus gerückt. Als wäre dies noch nicht genug gewesen, verkündeten die Schlagzeilen die infektiöse Anämie (Blutarmut) der Pferde. Diese wird seit dem Spätsommer in Thüringen und Sachsen staatlich bekämpft.
Alle zuvor genannten anzeigepflichtigen Tierseuchen betreffen dabei lediglich eine bestimmte Art von Tieren - Geflügel, Wiederkäuer, Schweine oder Pferde. Die Tollwut, um die es in diesem Artikel geht, betrifft jedoch alle Säugetiere mehr oder weniger stark. Auch der Mensch kann an Tollwut erkranken! Da die Tollwut immer unter erheblichen Qualen unweigerlich tödlich endet - für Mensch und Tier - wurde sie zur anzeigepflichtigen Tierseuche erklärt, die staatlich bekämpft wird. Staatliche Programme sehen seit langem die intensive Beköderung (Schluckimpfung) der hiesigen Hauptüberträger - der Füchse - vor. Viele Landkreise, z. B. in Hessen, sind nach wie vor tollwutgefährdete Bezirke.
Auch unsere Haustiere fallen, trotz teilweise fehlendem Freigang, unter die staatlichen Maßnahmen zur Bekämpfung der Tollwut.
In der Bekämpfung von Tierseuchen unterliegt Deutschland, ebenso wie alle anderen 24 Mitgliedstaaten, Auflagen durch die Gesetzgebung der Europäischen Union. Die Europäische Union gibt in ihren wesentlichen Rechtsakten - den Verordnungen, den Richtlinien und den Entscheidungen - Maßnahmen zur Tierseuchenbekämpfung vor. Diese sind, je nach Wahl des europäischen Rechtsaktes, sofort national geltend oder werden noch in nationale, also deutsche, Rechtsakte integriert.
Seit der Kommissionsentscheidung 2005/91/EG vom 02. Februar 2005, die am 07. Februar 2005 in Kraft getreten ist und - obwohl als Entscheidung sofort gültig - noch mit der Änderung der nationalen Tollwut-Verordnung umgesetzt worden ist, existiert viel Verwirrung über die Durchführung einer ordnungsgemäßen Tollwutschutzimpfung. Diese Verwirrung ist unbegründet, hat aber im Wesentlichen ihren Ursprung darin, dass sich neben dem Zeitraum, ab dem eine Impfung als gültig angesehen wird, auch eine Änderung der Zulassung von Tollwutimpfstoffen vollzogen hat. Diese beiden Änderungen in Durchführung und Gültigkeit von Tollwutimpfungen sollen nachfolgend beschrieben und mit Bespielen erläutert werden. Im Teil I werden zunächst die rechtlichen Änderungen zur Gültigkeit beschrieben, in Teil II die Änderungen, die sich durch die Zulassung der Impfstoffe ergeben.
1 . Rechtliche Änderungen
Tollwut-Verordnung
Die für Aussteller vorgeschriebenen Impfungen sind in der - Verordnung zum Schutz gegen die Tollwut (Tollwut-Verordnung) - in der Neufassung vom 11. April 2001 (BGBl. I S. 598), zuletzt geändert durch Art. 7 der Verordnung vom 20. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3499), geregelt.
Im Text der Verordnung heißt es (§ 1 Nr. 3):
Im Sinne dieser Verordnung liegen vor:
-wirksamer Impfschutz bei Hunden und Katzen, wenn eine Impfung gegen Tollwut
a) im Falle einer Erstimpfung bei Welpen im Alter von mindestens drei Monaten mindestens 21 Tage nach Abschluss der Grundimmunisierung und längstens um den Zeitraum zurückliegt, den der Impfstoffhersteller für eine Wiederholungs-impfung angibt
oder
b) im Falle von Wiederholungsimpfungen die Impfungen jeweils innerhalb des Zeitraumes durchgeführt worden sind, den der Impfstoffhersteller für die jeweilige Wiederholungsimpfung angibt.
Erstimpfung (§ 1 Nr. 3a Tollwut-Verordnung)
Eine Erstimpfung darf demzufolge erst bei Welpen durchgeführt werden, die drei Monate alt sind. Vor dem Erreichen des 3. Lebensmonats werden die verabreichten Impfantigene durch noch imWelpenzirkulierende Antikörper aus dem Blut des Muttertieres (maternaleAntikörper) abgefangen, es kann kein ausreichender Impfschutz ausgebildet werden.
Zur Grundimmunisierung werden handelsübliche Tollwutimpfstoffe einmalig ab dem 3. Lebensmonat appliziert, die Ausbildung von ausreichend hohen Antikörper spiegeln (Titern) ist so in der Regel sichergestellt. Im Sinne der Tollwut-Verordnung erhält das Tier nach der Grundimmunisierung erst nach 21 Tagen einen gültigen Impfschutz. Dieses Intervall ist seit der letzten Änderung der Tollwut-Verordnung aufgrund der EU-Entscheidung von 30 Tagen auf 21 Tagen verkürzt worden!!!
Sollten Sie als Aussteller innerhalb derZeitspanne zwischen der erstenTollwutimpfung und dem Erreichen der 21 Tage eine Ausstellung planen, muss das für Sie zuständige Veterinäramt bescheinigen, dass weder am Herkunftsort noch in dessen Umgebung bis zu einem durch die Behörde definierten Kilometer-Radius Tollwut amtlich festgestellt worden ist.
Diese Bestimmungen gelten auch für Katzen, die ausschließlich in der Wohnung gehalten werden!
Ausnahmen
Sofern seit der Tollwutschutzimpfung des Wurfes noch keine 21 Tage vergangen sind, kann der Wurf trotzdem ausgestellt werden, wenn er in diesem Fall von einer
- Amtstierärztlichen Bescheinigung begleitet wird. Aus dieser Bescheinung muss hervorgehen, dass das Tier frei von klinischen Symptomen ist und der Herkunftsort nicht in einem gefährdeten Bezirk lag
Liegt bei dem Wurf noch keine Tollwutschutzimpfung vor, gibt es zwei Möglichkeiten,um eine Ausstellung zu besuchen:
- Amtstierärztliche Bescheinigung wie oben beschrieben.
- Tierärztliche Bescheinigung über das Freisein von Tollwut-Symptomen. Die tierärztliche Bescheinigung gilt aber nur für den Fall, dass die Welpen in jedem Fall jünger als 4 Monate sind.
Grundsätzlich gilt die Regel:
„Amtstierärztliche Bescheinigung immer dann, wenn Welpen schon gegen Tollwut geimpft sind, aber die erforderlichen 21 Tage nach der Impfung noch nicht verstrichen sind, tierärztliche Bescheinigung, wenn noch keine Impfung gegen Tollwut erfolgt ist, und die Welpen noch nicht älter als 4 Monate sind!“ Beide Bescheinigungen dürfen am Tage der geplanten Ausstellung nicht älter als 10 Tage sein!
Die oben genannten Ausnahmen regeln sich nach den Verwaltungsvorschriften eines jeden Bundeslandes. Die obigen Ausnahmen gelten z. B. in Nordrhein-Westfalen. Die Anwendung der Verwaltungsvorschriften ist jedoch nicht immer verlässlich, weil jedes Veterinäramt imgesamten Bundesgebiet unterschiedlich entscheiden kann,und in diesem Falle nur eine vorhandene amtstierärztliche Bescheinigung den Einlass in die Ausstellung sicher stellt.
Weiterhin sind die Bedingungen des Vereins verbindlich, die im Falle einer erwachsenen Katze eine Tollwutschutz-impfung vorschreiben. Inzweifelhaften Fällen sollte man deshalb bei der für den Ausstellungsort zuständigen Behörde nachfragen, um sicher zu gehen, dass der Einlass des Tieres ohne Probleme durch den anwesenden Amtstierarzt gestattet wird.
Beispiel:
Eine Katze ist am 01.01.2007 erstmalig mit drei Lebensmonaten gegenTollwutschutz geimpft worden. Am 12./13.01.2007 soll der Welpe in de rKlasse 12 ausgestellt werden. Hier muss vom Amtstierarzt eine Bescheinigung erbracht werden, weil die Erstimpfung noch nicht 21 Tage her ist und daher noch keine amtliche Gültigkeit besitzt!
II. Zulassung von Tollwutschutzimpfungen
Wiederholungsimpfung (§ 1 Nr. 3b Tollwut-Verordnung)
Um bei dem oben genannten Beispiel zu bleiben, hatte die am 01.01.2007 erstmalig gegenTollwut schutzgeimpfte Katze nach den alten Bestimmungen bis zum 31.12.2007 einen gültigen Tollwutimpfschutz. Tollwut musste jedes Jahr nachgeimpft werden. Nach den neuen Bestimmungen hat der Gesetzgeber zugelassen, dass der pharmazeutische Unternehmer, der einen Impfstoff gegen Tollwut auf den Markt bringt, definiert, wie lange bei erfolgter Impfung von einem sicheren Schutz auszugehen ist. Die Dauer der Immunität ist dabei nach den momentan zugelassenen Impfstoffen längstens 4 Jahre! Nach Ablauf der angegebenen Zeitmuss dann in jedem Fall nachgeimpft werden.
Folgende Impfstoffe zur Impfung gegen Tollwut sind derzeit in Deutschland erhältlich. In der Spalte - Dauer der Immunität - ist angegeben, für welchen Zeitraum der Zulassungsinhaber seinen Impfstoff für die Tollwutkomponente zugelassen hat. Bei Kombinationsimpfstoffen beträgt die Gültigkeit der übrigen Komponenten weiterhin nur ein Jahr! Die Tabelle wurde ohne Gewähr und ohne Anspruch auf Vollständigkeit erstellt.
Bezeichnung Impfstoff | Krankheit | Zulassungsinhaber | Dauer der Immunität | Tierarzt |
Enduracell T | Tollwut | Pfizer GmbH | Mind. 4 Jahre (Katze) - Mind. 3 Jahre (Hund, Rind) | Hund - Katze - Rind |
Eurifel RCPT | Katzenseuche - Katzenschnupfen - Tollwut | Merial GmbH | 1 Jahr | Katze |
Felocell CVR-T | Katzenseuche - Katzenschnupfen - Tollwut | Pfizer GmbH | Mindestens 4 Jahre im Falle der Tollwutkomponente | Katze |
Fiovax PHC+T | Katzenseuche - Katzenschnupfen - Tollwut | Essex Tierarznei | Bis zu 4 Jahre im Falle der Tollwutkomponente | Katze |
Nobivac T | Tollwut | Intervet Deutschland GmbH | 3 Jahre (Hund, Katze) - 2 Jahre (Rind, Pferd) - Jahr (Frettchen, Schaf) | Frettchen - Hund - Katze - Pferd - Rind - Schaf |
Rabdomun | Tollwut | Essex Tierarznei | Bis zu 4 Jahren (Katze) - Bis zu 3 Jahren (Hund, Rind) | Hund - Katze - Rind |
Rabisin | Tollwut | Merial GmbH | 1 Jahr | Hund - Katze - Pferd - Alle Wiederkäuer |
Virbagen felis RCP/T | Katzenseuche- Katzenschnupfen - Tollwut | Virbac Tierarzneimittel GmbH | 1 Jahr | Katze |
Virbagen-Tollwut- Impfstoff | Tollwut | Virbac Tierarzneimittel GmbH | 1 Jahr | Hund - Katze - Pferd - Rind |
Es sind derzeit 5 Impfstoffe auf dem Markt verfügbar, die über eine länger andauernde Immunität gegen Tollwut verfügen. Es sei insbesondere darauf hingewiesen, dass sich die länger andauernde Immunität
n u r u n d a u s s c h l i e ß l i c h auf die Komponente der Tollwut beschränkt.
Katzenseuche, Katzenschnupfen oder auch FeLV (Leukose) müssen - wie bisher - jedes Jahr nachgeimpft werden, um einen verlässlichen Impfstatus zu behalten. Außerdem besteht für diese Komponenten eine Grundimmunisierung
aus mindestens zwei aufeinander folgenden Impfungen.
Die Dauer der Immunität für die Tollwutkomponente schwankt zwischen 3 bis 4 Jahren. Der Zulassungsinhaber unterscheidet außerdem zwischen b i s z u und m i n d e s t e n s . Entscheidend für das Datum der Wiederholungs-impfung ist, welche Angabe der Tierarzt im Impfpass macht. Sofern der Tierarzt im Impfpass keinen Vermerk über die längere Dauer der Immunität macht, gilt auch bei Verwendung eines länger zugelassenen Impfstoffs 1 Jahr!!! D. h., wenn der Tierarzt z. B. den Impfstoff Enduracell T verwendet, aber nicht einträgt, dass eine Wiederholungsimpfung in 4 Jahren notwendig ist, muss eine Wiederholung nach 1 Jahr erfolgen. Der Grund hierfür ist, dass sich die Impfstoffe trotz der Erweiterung der Zulassung beim Paul-Ehrlich-Institut auf einen längeren Gültigkeitszeitraum in der Regel nicht verändert haben. Er wurden lediglich neue klinische Studien eingereicht, die eine längere Schutzwirkung belegen. Dieses bedeutet, dass der kontrollierende Amtstierarzt auf der Ausstellung nur anhand des Impfstoffaufklebers im Impfpass nicht erkennen kann, ob das verimpfte Präparat vor oder nach Änderung der Zulassung produziert und ausgeliefert wurde. Außerdem sind in vielen EU Mitgliedstaaten andere Impfstoffe zugelassen sind, die es in Deutschland nicht gibt. Kaum ein kontrollierender Tierarzt ist in der Lage, Kenntnisse über alle Gültigkeitsdauern der national zugelassenen Impfstoffe anderer Länder zu haben. Beim innergemeinschaftlichen Verbringen von Tieren innerhalb der EU (Besuchen von Ausstellungen in anderen EU-Ländern sowie Andorra, Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, San Marino, Schweiz, Vatikan) gelten außerdem weiterhin die Bestimmungen der Verordnung (EG) Nr. 998/2003, die das Mitführen eines EU-Heimtierausweises und eine Kennzeichnung des Tieres per Transponder (Mikrochip) oder übergangsweise per lesbarer Tätowierung (bis zum 02.07.2012) vorsieht. Für das Verbringen in die EU-Länder Irland, Großbritannien und Schweden sind übergangsweise noch bis zum 02.07.2009 strengere Bestimmungen vorgesehen (Pet Travel Scheme). Strengere Bestimmungen gelten zudem dauerhaft für das Verbringen aus Drittländern (andere Länder außer den EU-Ländern, Andorra, Island, Liechtenstein, Monaco, Norwegen, San Marino, Schweiz, Vatikan). Hierüber
informiert Sie Ihr Amtstierarzt.