Herpes-, Calici- und Chlamydieninfektionen bei Katzen
Flurin Tschuor, Dr.med.vet. cand ACVIM

 

 

1. Allgemeines zum Katzenschnupfen

 

Herpes-, Calici- und Chlamydieninfektionen sind verantwortlich für Infektionen des oberen Atemtraktes und der Augen (Katzenschnupfen). Häufig sind Herpes- und Caliciviren gleichzeitig vorhanden. Es gibt aber auch Infektionen bei denen nur das eine oder andere Virus vorliegt, dabei führen Herpesviren zu schlimmeren Infektionen als Caliciviren. Infektionen mit Caliciviren scheinen aber häufiger zu sein, da der Impfschutz gegen diese schlechter ist.


Chlamydien (Neu: Chlamydophila felis) sind ebenfalls bei Infektionen des oberen Atemtraktes beteiligt, obwohl diese Bakterien eher ein Pathogen der Bindehäute sind.

 

Symptome von Katzenschnupfen sind: Niesen, Nasenausfluss, Augenausfluss, gerötete oder verklebte Augen, Husten, Ulzerationen in Maul und Nase, Fieber oder Kombinationen von diesen.

 

Die Übertragung findet über direkte Tröpfcheninfektion oder über Gegenstände (zB. Fressnäpfe) statt. Dabei ist zu bedenken, dass das Herpesvirus nicht lange in der Umgebung überlebt (ca. 18 Stunden). Das Calicivirus ist viel stabiler und kann bis 10 Tage aktiv bleiben.

 

Der Verlauf des Katzenschnupfens ist abhängig von den beteiligten Viren und Bakterien. Bei 90% der Infektionen sind entweder Herpes- oder Caliciviren oder beide beteiligt. Diese Viren sind übrigens weder auf den Menschen noch auf andere Tierarten übertragbar.


Die meisten Schnupfen dauern 7 bis 10 Tage, aber es ist wichtig zu wissen, dass diese Infektionen permanent bleiben und dass vor allem Herpesviren immer wieder zu akuten Schnupfenschüben führen können (wie bei Mensch „Fieberbläschen“). Herpesinfektionen brechen typischerweise nach Stresssituationen aus, wie zum Beispiel Operationen, Transport oder die Einführung in eine neue Umgebung. Dieser Ausbruch dauert dann meistens eine Woche, aber die Ausscheidung des Virus dauert einige Wochen darüber hinaus. Wie erwähnt kann das Herpesvirus lebenslänglich immer wieder ausbrechen, je älter das Tier aber wird, desto schwächer und seltener werden die Ausbrüche.


Katzen welche mit Caliciviren infiziert sind, können zeitlebens ständig Viren ausscheiden, ohne dass es zu einer akuten Infektion kommt. Es scheint aber, dass ca. 50% der Katzen mit Caliciviren irgendwann aufhören, dieses Virus auszuscheiden.

 

Eine Therapie ist nicht immer sofort nötig. Wie bei uns kann ein Schnupfen auch sehr mild verlaufen, manchmal wird er vielleicht nicht mal bemerkt. Sollten aber Symptome wie Appetittlosigkeit, starke Verstopfung der Atemwege mit Maulatmung, hohes Fieber oder starke Entzündung der Augen vorliegen, dann sollte ein Tierarzt aufgesucht werden. Sind die Symptome schwerwiegend kann sogar eine Hospitalisation notwendig werden. Vor allem Welpen zeigen schwere Symptome, da diese sehr schnell dehydrieren und häufig Ulzerationen in den Augen, Nase oder im Maul entwickeln. In sehr schweren Fällen kann sich sogar eine Lungenentzündung entwickeln.

 

Meistens wird der Katzenschnupfen mit Antibiotika behandelt. Dies scheint auf den ersten Blick keinen Sinn zu machen, da wie erwähnt 90% der Schnupfen durch Viren ausgelöst sind. Die Therapie mit Antibiotika richtet sich aber gegen sekundäre Infektionen mit Bakterien. Ebenfalls wirken diese gegen Chlamydien welche ebenfalls zur Gruppe der Erreger des Katzenschnupfens gehören.


Spezielle Medikamente gegen Viren haben nur eine beschränkte Wirkung. Am besten eignen sich diese für die Therapie der Augeninfektionen (z.B. Triflumann Augentropfen). Desweiteren scheint die Aminosäure L-Lysin die Vermehrung der Herpesviren zu hemmen. Andere Medikamente wie Interferon oder das humane Medikament Zovirax® sowie sogenannte „Paraimmunitätsinducer“ haben nur beschränkte bis gar keine Wirkung.

 

Prophylaxe ist ein entscheidender Punkt und die Impfung ist aus heutiger Sicht dringend zu empfehlen. Die kombinierte Impfung beinhaltet Herpesvirus, Calicivirus und Parvovirus. Leider gewährt aber eine Impfung keinen 100-prozentigen Schutz. Gründe für ein Versagen des Impfschutzes können sein: Infektion bereits vor der 1. Impfung (va. Herpes), Infektion mit einem Stamm welcher nicht durch die Impfung abgedeckt ist (va. bei Calici) oder eine ungenügende Reaktion des Immunsystems des Tieres auf die Impfung. Mit Sicherheit jedoch verlaufen die Infektionen bei geimpften Tieren viel milder als bei ungeimpften.

 

 

2. Felines Herpesvirus (FHV):

 

Das FVH-1 gehört zur Familie der Alpha-Herpesviren. Wie erwähnt sind viele Katzen infiziert. Neuere europäische Untersuchungen haben gezeigt, dass wahrscheinlich fast jede Katze Träger ist (bis 90%). Jede Tierart hat sein eigenes Herpesvirus und eine Ansteckung zwischen Tierarten findet nicht statt. Infektionen mit Herpesviren können direkt über Sekretionen aus den Augen, Nase oder Maul stattfinden oder durch Utensilien welche zwischen den Tieren ausgetauscht werden (Futtergeschirr etc.). Bereits 24 Stunden nach Infektion können infizierte Tiere es weiterstreuen. Die akute Krankheitsphase dauert eine bis zwei Wochen. Katzenwelpen können bereits in den ersten Lebenswochen durch das Muttertier angesteckt werden.


Das Virus dringt über die Nasen-Maul-Schleimhaut und über die Bindehaut in den Körper ein und verbreitet sich über den Rachenraum bis in die Bronchien. Während der Infektion wird auch das Nervengewebe befallen. Dorthin zieht sich das Virus während der Latenzphase zurück.

 

Symptome bei Welpen:

 

• Schnupfen mit wässrigem bis schleimig-eitrigem Augen- und Nasenausfluss
• Beidseits gerötete und geschwollene Bindehäute
• Bildung von Entzündungsmembranen und unterschiedlich ausgeprägten Verwachsungen der Bindehaut mit 

  den Lidern und der Hornhaut
• Hornhautläsionen mit Gefässeinsprossungen

 

Symptome bei ausgewachsenen Katzen:

 

• Bei 45% der infizierten Katzen ist eine Virusreaktivierung möglich
• Ein- oder beidseitige Bindehautentzündung mit oder ohne Atemwegserkrankung
• Wässriger Augenausfluss
• Ein- oder beidseitige Hornhautveränderungen (Blut-gefässe, Trübungen, Verletzungen)

 

Die Diagnose wird meistens aufgrund der Symptome gestellt. Bindehaut-verwachsungen, Gefässeinsprossungen in die Hornhaut und Hornhautverletzungen sind verdächtig für eine akute oder vorangegangene Herpesinfektion. Sind diese Verletzungen in den oberflächlichsten Schichten der Hornhaut, können sie nur mit einem Spezialfarbstofff (Rosebengal) sichtbar gemacht werden. Die PCR-Untersuchung (polymerase chain reaction) ermöglicht den Nachweis geringster Virusmengen, ist das Virus jedoch in der Latenzphase, kann es auch mittels PCR nicht nachgewiesen werden.

 

Die Behandlung gestaltet sich wie bereits erwähnt sehr schwierig. Wie beim Menschen ist das Virus nicht aus dem Körper eliminierbar. Die Behandlung zielt deshalb auf eine Hemmung der Virusvermehrung ab. Dazu werden virushemmende Augentropfen oder Tabletten eingesetzt.

 

Die Virostatika werden vor allem beim Auftreten von Bindehautverwachsungen, Hornhautschädigungen und bei langem Krankheitsverlauf angewendet. Da das Herpesvirus Schädigungen der Gewebeoberflächen verursacht, werden zusätzlich zur Verhinderung von bakteriellen Folgeinfektionen Antibiotika verabreicht.
Bei kurzem, unproblematischem Krankheitsverlauf zielt die Behandlung vor allem auf die Abschirmung vor Sekundärinfektionen ab. Leiden Katzen unter starkem Schnupfen, kann der Geruchssinn ausgeschaltet werden und der Appetit ausbleiben. Solche Patienten müssen zur intensiven Betreuung (Infusionen, Fütterung über eine Ernährungssonde, etc.) hospitalisiert werden.


Katzenwelpen sind gefährdet für Bindehautverwachsungen. Führen die Verwachsungen zu einer starken Beeinträchtigung des Sehvermögens, kann mittels Chirurgie versucht werden, ein Teilsehvermögen zu erhalten.

 

 

3. Felines Calicivirus (FCV):

 

Einige Fakten über das feline Calicivirus:

 

Eine Infektion mit FCV ist sehr häufig, auch bei „gesunden“ Katzen
(bis 25% der Katzen in einem Mehrkatzenhaushalt scheiden FCV lebenslänglich aus)


• FCV-Infektionen sind chronische Infektionen
(50% der infizierten Katzen scheiden nach der Erholung der akuten Erkrankung immer noch Virus aus, auch wenn sie geheilt scheinen)
• FCV Infektionen können sehr unterschiedliche Symptome verursachen
(viele Tiere wahrscheinlich ohne Symptome, leichte Infektion der oberen Atemwege, milde bis starke Ulzerationen der oberen Atemwege, starke generalisierte Erkrankung mit Fieber und schwerer Erkrankung, Lungenentzündung, bis sogar tödlich verlaufend)

• Tritt meistens mit anderen Viren oder Bakterien auf
(Herpes, Chlamydien, andere Bakterien)
• Der Schweregrad des Krankheitsverlaufs ist abhängig vom Stamm der Caliciviren

 

 

Symptome bei Caliciinfektionen:

 

• Fieber

• Ulzerationen in der Maulhöhle oft Beteiligung von Zunge, hartem Gaumen und Nasenspiegel
• Entzündung der Nasenschleimhaut
• Entzündung der Bindehäute
• Akute oder chronische Zahnfleischentzündung
• In seltenen/extremen Fällen Gelenksentzündungen, Lungenentzündungen und sogar Entzündungen der Blutgefässe mit Beteiligung aller Organe

 

Die Diagnose wird meistens aufgrund der klinischen Symptome gestellt. Um die Diagnose abzusichern, kann eine PCR durchgeführt werden. Die Resultate sind aber vorsichtig zu interpretieren, da es wie erwähnt viele asymptomatische Träger gibt.


Die Behandlung gestaltet sich wie beim Herpesvirus schwierig. Auch hier stehen keine spezifischen Medikamente zur Verfügung. In den meisten Fällen ist eine auch hier eine Behandlung mit Virostatika nicht nötig. Die Behandlung zielt darauf ab, Sekundärinfektionen zu verhindern. Dies wird durch eine Antibiotikatherapie erreicht. Ulzerationen im Bereich der Zunge und des Rachens sind sehr schmerzhaft und führen zur Futterverweigerung. Es ist deshalb bei den meisten Katzen sinnvoll ein Schmerzmittel zu verabreichen um die Futteraufnahme zu ermöglichen. Auch hier ist bei schweren Fällen eine Hospitalisation angezeigt um eine Dehydratation mittels Infusionen verhindern zu können.

 

 

4. Chlamydophila felis (Chlamydien):

 

Chlamydophila felis sind im Gegensatz zu den vorangegangenen zwei Erregern keine Viren sondern Bakterien. Sie können bei der Katze eine Bindehautentzündung, Schnupfen oder auch andere Erkrankungen des Respirationstraktes verursachen. Chlamydien sind sehr empfindliche Erreger und können nur sehr schlecht in der Umwelt überleben. Die Übertragung erfolgt dementsprechend vor allem über direkten und nahen Kontakt von Katze zu Katze.


Ähnlich wie bei Herpesviren sind die ersten Symptome der Erkrankung eine Bindehautentzündung mit tränenden Augen. Oft schwellen die Augen an und sekretieren einen eitrigen Ausfluss. Es können Katzen jeden Alters daran erkranken, aber häufig sind vor allem Jungkatzen im Alter von 5 bis 12 Wochen betroffen.
Die Diagnose wir am besten via PCR gestellt. Der zytologische Nachweis gelingt nicht immer und diese Untersuchung eignet sich nur bei einem starken Befall.


Die Behandlung wird mit langdauernden antibiotischen Augensalben durchgeführt.

 

 

5. Spezielle Empfehlungen des „European advisory board on cat diseases“ für Katzenzuchten

 

Katzenschnupfen kann ein sehr grosses Problem für Zuchten darstellen. Die meisten Infektionen betreffen Welpen vor dem Entwöhnen. Meistens tritt die Erkrankung mit 4-8 Wochen auf, wenn der maternale Antikörperschutz zurückgeht. Die häufigste Infektionsquelle ist die Mutter, welche Träger der Erreger ist und eine Reaktivierung der Infektionen durch den Stress der Geburt und des Säugens erfahren hat.

 

Eine Impfung des Muttertieres schützt nicht vor diesem Problem, da die Impfung die Mutter nicht davor schützt ein Träger der Erreger zu werden. Hat aber das Muttertier einen hohen Antikörper Titer, profitieren die Welpen über die Milch davon. So werden die Tiere wenigstens in den ersten Wochen bis Monaten gut geschützt sein.

 

Wiederholungsimpfungen des Muttertieres sind deshalb wichtig, damit möglichst viele Antikörper über die Milch übertragen werden können. Idealerweise wird diese „booster Impfung“ vor dem Decken durchgeführt. Sollte dies vergessen werden, kann eine Impfung während der Trächtigkeit durchgeführt werden. Es muss aber beachtet werden, dass die Impfstoffe dafür nicht lizensiert sind. Es sollte in einem solchen Fall unbedingt inaktivierte Impfstoffe verwendet werden.

 

Muttertiere sollten in isolierten Räumen gebären und die Welpen sollten keinen Kontakt mit anderen Tieren haben, bis sie vollständig geimpft sind. Somit kann eine mögliche Exposition mit infizierten Tieren verringert werden. Eine frühe Impfung sollte für Welpen aus Katzenzuchten ins Auge gefasst werden, in denen bereits Probleme mit den Infektionen aufgetreten sind. Die meisten Impfstoffe sind für Welpen ab 6 Wochen freigegeben, bei Problemtieren kann aber eventuell schon mit 4 Wochen die erste Impfung gemacht werden.

 

Early weaning (frühes Trennen von der Mutter) mit ca. 4 Wochen ist ebenfalls eine Möglichkeit einer Infektion durch das Muttertier vorzubeugen. Wie erwähnt gibt es leider keine Tests um infizierte Muttertiere zu identifizieren. Deshalb sollte diese Massnahme bei Tieren durchgeführt, welche schon früher als Träger der Erreger identifiziert werden konnten. Diese Methode ist aus medizinischer Sicht sinnvoll, bleibt jedoch aus offensichtlichen Gründen umstritten.

 

 

Flurin Tschuor
Dr.med.vet. cand. ACVIM
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HEC Hessischer Edelkatzen Club e.V. 0